„Eines unserer aktuell wichtigsten Vorhaben besteht darin, die sichere Versorgung mit klarem Trinkwasser für die kommenden Generationen zu gewährleisten.“
Dr. Thomas Pühringer
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Der IKB-Vorstand blickt auf das Jahr 2023 zurück und diskutiert die Änderungen bei Preisen und Verträgen. Die obersten Ziele: das Vertrauen der Kundinnen und Kunden wieder gewinnen, höchste Versorgungssicherheit gewährleisten und Nachhaltigkeit in allen Bereichen umsetzen.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Geschäftsjahr 2023?
DI Helmuth Müller: Die IKB konnte ein zufriedenstellendes Ergebnis erwirtschaften. Allerdings gab es auch sehr schwierige Aspekte. Wir hatten unsere Kundinnen und Kunden mit den österreichweit günstigsten Strompreisen durch den Winter 2022/23 begleitet, im Juli 2023 mussten wir diese aber schließlich anpassen. Die vorherigen günstigen Preise, die wir länger halten konnten als viele andere Energieversorger, waren damit schnell in den Hintergrund gerückt.
DI Thomas Gasser, MBA: Die Energiepreisdiskussion, die rund um unseren Hälfteeigentümer TIWAG in Gang kam und auf uns übergeschwappt ist, hat der Reputation unseres Unternehmens sehr geschadet. Es kam zu einem massiven Vertrauensverlust seitens unserer Kundinnen und Kunden.
Dr. Thomas Pühringer: Und dennoch ist 2023 auch sehr vieles sehr zufriedenstellend geglückt. Wir haben große Projekte gut vorangebracht und die Versorgungssicherheit mit Strom, Internet, Trinkwasser und weiteren kommunalen Dienstleistungen weiter gestärkt.
Warum war die Preiserhöhung so umstritten?
Müller: Das Problem besteht darin, dass der Gesetzgeber keine klaren Regeln erlassen hat, wie Preisanpassungen vorzunehmen sind. In den vergangenen Monaten gab es in Österreich über 50 Gerichtsverfahren gegen Preisänderungen diverser Energieversorger. Das zeigt die große Rechtsunsicherheit, die rund um dieses Thema besteht, deutlich.
Gasser: Die Preisänderungen waren aber notwendig, da die IKB nicht den gesamten Stromverbrauch ihrer Kundinnen und Kunden mit den eigenen Kraftwerken decken kann. Daher müssen wir jedes Jahr Strom zukaufen. Durch die Engpässe bei der Gasversorgung, unter anderem in Folge des Krieges in der Ukraine, stiegen die Einkaufspreise eine Zeitlang massiv an. Darauf mussten wir reagieren.
Es kam nicht nur zu Preisänderungen, sondern auch zu Vertragskündigungen.
Gasser: Wir mussten 2023 die Verträge von circa 30.000 unserer insgesamt rund 80.000 Kundinnen und Kunden kündigen und sie auffordern, auf einen neuen Vertrag umzusteigen. Das ist uns nicht leicht gefallen, war aber leider unvermeidlich. Andernfalls wäre die IKB mit großen rechtlichen und finanziellen Risiken konfrontiert gewesen. Auch viele andere Energieversorger in Österreich waren aufgrund der unklaren gesetzlichen Regelung gezwungen, bestehende Verträge zu kündigen und neue abzuschließen.
Der aktuelle Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht der IKB steht unter dem Motto „Alles klar“. Warum?
Müller: Meiner Erfahrung nach entstehen die meisten Probleme im Leben, weil sich Menschen nicht klar ausdrücken können oder wollen. „All problems are communication problems“, hat mir mal jemand gesagt, also: Alle Probleme sind im Wesentlichen Kommunikationsprobleme. Deshalb wollen wir noch stärker an der Klarheit in unserer internen und externen Kommunikation arbeiten. Im vergangenen Jahr haben wir sicher Klarheit bei der Kommunikation zu den Strompreisen vermissen lassen.
„Eines unserer aktuell wichtigsten Vorhaben besteht darin, die sichere Versorgung mit klarem Trinkwasser für die kommenden Generationen zu gewährleisten.“
Dr. Thomas Pühringer
Was möchten Sie sonst noch klarer kommunizieren?
Müller: Viele Menschen verstehen noch nicht, wie wertvoll Versorgungssicherheit ist. Versorgungssicherheit ist unser höchstes Gut und der Kern unseres Tuns als IKB – hinsichtlich Strom, Wasser, Internet, Abwasser- und Abfallentsorgung. Ihre Bedeutung bemerkt man jedoch oft erst, wenn sie plötzlich fehlt.
Pühringer: Eines unserer aktuell wichtigsten Vorhaben besteht darin, die sichere Versorgung mit klarem, erstklassigem Trinkwasser für die kommenden Generationen zu gewährleisten. Wir investieren daher viel Geld in den Ausbau des Trinkwasserstollens Mühlau. Innsbruck wird in Zukunft mehr Wasser benötigen, sowohl aufgrund der Entwicklung der Bevölkerung als auch wegen des Klimawandels. Darauf bereiten wir uns vor.
Wie sorgen Sie abseits von Trinkwasser für langfristige Versorgungssicherheit?
Pühringer: Wir investieren viel Geld in unsere Infrastruktur, unter anderem in unsere Netze. Das macht sich bezahlt: Die durchschnittliche Stromausfalldauer pro Haushalt liegt in Innsbruck bei sechs Minuten, in Linz sind es 16, in Wien 19 Minuten. Wir haben außerdem bereits vor 20 Jahren eine große Kanaloffensive gestartet, um das Abwassernetz fit für die Zukunft zu machen. Bei den starken Unwettern 2023 hat sich das Kanalnetz gut bewährt, es kam zu keinen Überschwemmungen im Stadtgebiet. Auch im Bereich Abfallwirtschaft bereiten wir uns auf die Zukunft vor: mit dem ersten Elektrosammelfahrzeug Österreichs und mit dem Ausbau der Unterflursammelsysteme.
Zählt auch das Internet zur Versorgungssicherheit?
Pühringer: Selbstverständlich, im 21. Jahrhundert ist die digitale Kommunikation für viele Menschen besonders wichtig. Wir konnten 2023 unser neues Rechenzentrum Karwendel in Betrieb nehmen und bereits 90 Prozent der aktuell verfügbaren Fläche vermieten. In Osttirol begrüßten wir den tausendsten Telekom-Kunden. Und mit Magenta haben wir eine zukunftsweisende Vereinbarung geschlossen, die wir als „digitales Win-win-win am Inn“ bezeichnen: Bundesweit tätige Telekom-Anbieter mieten unser bestehendes Glasfasernetz, um ihre Kundschaft mit schnellem Internet zu versorgen. Sie müssen daher kein eigenes errichten. Dieser Vorteil nützt deren Kundschaft und auch uns, weil unser Netz besser ausgelastet ist. Das ist sowohl betriebs- als auch volkswirtschaftlich sinnvoll. In manchen Straßen in Innsbruck liegen die Glasfaserkabel von vier Telekom-Unternehmen nebeneinander, das ist ausgesprochen ineffizient. Nicht zuletzt unterstützen wir Tiroler Gemeinden dabei, zum „Smart Village“ zu werden. Wir statten etwa Mieders im Stubaital mit einer Internet-der-Dinge-Infrastruktur (IoT) aus, wodurch die Gemeinde ganz neue Services anbieten und ihre Ressourcen effizienter verwenden kann.
„Elektrische Energie hat einen hohen Wert, und das wird sich auch in Zukunft mehr als bisher im Preis widerspiegeln.“
DI Helmuth Müller
Zurück zu den Strompreisen – welche Entwicklungen erwarten Sie hier in der Zukunft?
Müller: Die Turbulenzen am Energiemarkt der vergangenen Jahre scheinen sich beruhigt zu haben. Allerdings kann sich das schnell ändern. Derzeit sind einige geopolitische Konfliktherde am Brodeln. Wenn da etwas explodiert, kann das auch den Energiemarkt schnell wieder durcheinanderwirbeln.
Gasser: Die vergangenen beiden Winter haben gezeigt, dass die Gasversorgung Westeuropas derzeit gesichert ist. Auch die französischen Atomkraftwerke sind wieder im Normalbetrieb, in Deutschland wird leider wieder sehr viel Braunkohle verbrannt. Das alles trägt dennoch zu einer sicheren Stromversorgung bei.
Müller: Die extrem günstigen Preise, die es noch vor ein paar Jahren gab, werden jedoch nicht wiederkommen. Elektrische Energie hat einen hohen Wert, und das wird sich auch in Zukunft mehr als bisher im Preis widerspiegeln. Für die Energiewende benötigen wir zusätzliche Erzeugungsanlagen und stärkere Stromnetze, um den Strom dorthin zu bringen, wo er verbraucht wird. Dafür werden wir in den nächsten 10 bis 20 Jahren noch viel Geld in die Hand nehmen müssen. Das wird sich auch in den Stromrechnungen niederschlagen.
Welche großen Projekte werden die IKB in Zukunft noch nachhaltiger machen?
Müller: Unsere Nachhaltigkeitsstrategie umfasst über 80 Projekte quer durch alle Unternehmensbereiche. Das wichtigste Nachhaltigkeitsziel ist die erwähnte Versorgungssicherheit, unter anderem mit Trinkwasser. Außerdem bauen wir die erneuerbaren Energien aus, sowohl für Strom als auch für Wärme. Auf der Ebene des IKB-Konzerns wird die größte Herausforderung die Umstellung des Personennahverkehrs von Dieselbussen auf elektrische Fahrzeuge sein. Unser Tochterunternehmen IVB steht hier vor einer Herkulesaufgabe, die 10 bis 15 Jahre in Anspruch nehmen wird. Es geht nicht nur darum, die über 100 Busse auszutauschen, sondern wir benötigen auch einen völlig neuen Betriebshof mit einer Fläche von mehreren tausend Quadratmetern, der die entsprechende Ladeinfrastruktur bereitstellt und dabei sämtliche Brandschutzbestimmungen erfüllt.
„Das Wichtigste ist, wieder das Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden zu gewinnen.“
DI Thomas Gasser, MBA
Welche Ziele wollen Sie 2024 erreichen?
Gasser: Das Wichtigste ist, wieder das Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden zu gewinnen.
Pühringer: Neben dem guten Abschluss unserer diversen Großprojekte müssen wir – auch aufgrund zahlreicher anstehender Pensionierungen – zudem darauf achten, in Zukunft genügend neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden.
Müller: Wir wollen die Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch attraktiver gestalten, damit sie möglichst lange, gesund und mit Freude in der IKB arbeiten. Ohne Menschen gibt es keine nachhaltige Wirtschaft. Wir haben letztes Jahr intensiv daran gearbeitet, unsere Unternehmenswerte zu definieren und daraus Führungsgrundsätze abzuleiten. Das ist wichtig, denn Werte und Sinn hängen stark mit der Freude an der Arbeit zusammen. Die Arbeit an unseren Werten – wie zum Beispiel Klarheit – ist ein kontinuierlicher Prozess, der uns auch im kommenden Jahr weiter beschäftigen wird.
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